Mittwoch, 30. August 2023

Individualbesteuerung: Jetzt vorwärtsmachen!

Der Bundesrat hat heute die Eckwerte zur Einführung der Individualbesteuerung verabschiedet. Die Grünliberalen begrüssen, dass es vorwärts geht, der Bundesrat an der Reform festhält und das Steuersystem den heutigen Lebensrealitäten und volkswirtschaftlichen Erfordernissen anpasst. Die Vorlage wurde im Vergleich zum Vernehmlassungsentwurf entschieden verbessert. Wir bedauern, dass nicht alle von der Gesetzgeberin in Auftrag gegebenen Eckwerte berücksichtigt wurden. Wir werden das Modell jedoch offen prüfen und mit den befürwortenden Parteien optimieren, sofern notwendig.

Die beiden Wirtschaftskommissionen von National- und Ständerat hatten übereinstimmend eine modifizierte Individualbesteuerung mit Tarifkorrektur für Familien gefordert, um nicht nur eine volkswirtschaftlich ergiebige, sondern auch eine mehrheitsfähige Reform vorlegen zu können. Zudem sollte eine Variante mit Mindereinnahmen von maximal 500 Mio. vorgelegt werden. Diese Eckwerte vermissen wir. Im Vergleich zum Vernehmlassungsentwurf erfolgten aber entscheidende Verbesserungen: auf einen Einverdienerabzug, welcher in Zeiten des Fachkräftemangels absurderweise Nicht-Arbeiten belohnt hätte, soll verzichtet werden.

 

Wir werden das Modell prüfen und sofern notwendig, mit den befürwortenden Parteien Optimierungen anbringen, damit die Individualbesteuerung rasch möglichst eingeführt werden kann. Die aktuelle Besteuerung mit der gemeinsamen Veranlagung verheirateter Paare ist aus der Zeit gefallen. Sie entstammt dem Familienbild der Nachkriegszeit und ist weder geeignet die Gleichstellung von Frau und Mann noch eine zivilstandsneutrale Besteuerung zu realisieren. Zudem setzt sie starke negative Erwerbsanreize für das zweite Einkommen eines Haushalts – meist jenes der Frau. Die Gesellschaft hat sich aber längst gewandelt, immer mehr Frauen sind erwerbstätig, Paare teilen sich Erwerbsarbeit und Kinderbetreuung auf, und haben die berechtigte Erwartung, dass sich Arbeit lohnt und sie unabhängig vom Zivilstand besteuert werden.

                                                                                              

Eine Individualbesteuerung ermöglich genau das. Die Grünliberalen begrüssen darum die Reform ausdrücklich, sie ist eine der wichtigsten Reformen, welche in der kommenden Legislatur für unser Land gelingen müssen. Durch die Abschaffung der Progressionsstrafe auf dem Zweiteinkommen entstehen positive Beschäftigungseffekte von 40-60'000 zusätzlichen Vollzeitäquivalenten.[1] Dabei handelt es sich vorwiegend um gut ausgebildete Frauen, welche in Zukunft ihre Erwerbstätigkeit ausdehnen dürften, schlicht und einfach darum, weil es sich endlich lohnt. Für die Bekämpfung des akuten und sich aufgrund der demografischen Entwicklung verschärfenden Fachkräftemangels ist es unabdingbar, dass auch unser Besteuerungssystem mit der Zeit mithält und die negativen Erwerbsanreize, welche ebenso die Gleichstellung von Frau und Mann verhindern, eliminiert werden.

 

[1] Ecoplan. Auswirkungen einer Individualbesteuerung. Vergleich verschiedener Steuersysteme in der Schweiz, S. 8. https://www.ecoplan.ch/download/aib_sb_de.pdf